Die Freiheit, NEIN zu sagen

Das UNO-Ziel Nr. 5 wurde erstellt, weil über Jahrhunderte hinweg Männer und Frauen völlig unterschiedliche Rechte hatten. Häufig herrschten die Männer über Frauen – bis heute. Doch die Geschlechter sind in Allem gleichgestellt, so zumindest in der Wertevorstellung der UNO.

Die Realität heute: Diskriminierende Gesetze und soziale Normen gegen Frauen und Mädchen sind nach wie vor weit verbreitet, so haben z.B. die USA und Papua-Neuguinea  2019 eine mehr als merkwürdig anmutende Gemeinsamkeit: es sind die einzigen Länder ohne bezahlten Mutterschaftsurlaub. Und in Abläufen und Prozessen  vieler Organisationen werden Frauen einfach vergessen.

Frauen und Mädchen übernehmen weltweit einen weitaus höheren Anteil an Care-Arbeit; der unbezahlten Arbeit im Haus und mit Kindern und älteren Familienmitgliedern. Laut UNO ist es dreimal soviel Zeit im Vergleich zu Männern.

Dazu  sind Frauen jeder Altersgruppe und unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft in allen Ländern von Gewalt betroffen. Nicht nur durch zufällig anwesende Fremde, sondern auch von Gewalt durch Intimpartner, und das quer durch alle Schichten der Bevölkerung.

Bis hin zur kriminellen Ausbeutung: der geduldeten, doch illegalen Prostitution, die in Deutschland an Orten wie der „Reeperbahn“ ihre Schwerpunkte hatte. Und die nach zähem Ringen der Gesetzgeber in Deutschland im Jahr 2017 legalisiert und geregelt wurde.

Bis in die Neuzeit für viele Frauen der scheinbar oftmals einzige Weg, sich ihre Existenz mit käuflichem Sex wenigstens einigermaßen zu sichern. Heute in Deutschland ein anerkannter Beruf, um existierender Wahrheit eine gesetzliche Form zu geben;  um damit auch diesen Menschen eine soziale Sicherheit zu ermöglichen und illegalen Menschenhandel und „modernes Sklaventum“ zu vermindern.

Zwei bekannte Fotografinnen haben solche extreme Welten in außergewöhnlichen Fotos sichtbar gemacht. Die eine, Nan Goldin, das Geschlagen werden und Erleben von Gewalt, die häufiger ist, als wir glauben:

Denn nach den aktuellen Zahlen der Bundesregierung (11/2020) wird jede 3. Frau in Deutschland mindestens einmal im Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt. Jede 4. Frau erlebt diese Gewalt von aktuellen oder früheren Partnern. 2019 waren es knapp 115.000 Frauen. Davon 301 Tötungen.

Dies ist nur die Anzahl der Fälle, die den Behörden angezeigt wurden, ohne Berücksichtigung einer Dunkelziffer.

Nan Goldin: Nan one month after being battered (Nan einen Monat nach der Misshandlung), 1983 ©Nan Goldin

Roswitha Hecke: Irene, 1976 © Roswitha Hecke

Die andere Fotografin ist Roswitha Hecke. 1978 erscheint der Fotoband Liebes Leben über die Zürcher Prostituierte Irene, die später Muse und Model war.

Es wird nicht nur zum Kultbuch, sondern ein Welterfolg, für den Hecke 1979 den Kodak-Preis erhielt. Es erzählt von einer selbstbestimmten Frau, die trotz ihrer traurigen Vergangenheit ein Leben führte, in dem sie materiell gut versorgt existieren konnte.  In einem Interview erzählt Roswitha Hecke, dass Irene ihre Würde immer behielt und sich die Männer aussuchte. Irene alias Lady Shiva, damals noch eine „Straßenhure” in Zürich, sagte : “ich gehöre zu denen, die nehmen. Früher war das anders. Ich will nicht mehr zu den Opfern gehören” (Buch Liebes leben). Sie beschreibt einen eigenen Weg, wie eine Frau mit Prostitution ein selbst bestimmtes Leben führte.

Beide Fotografinnen haben es dokumentiert, diese sensiblen Themen, die wir hier bewusst aufgreifen, sind sie doch gesellschaftlich existierende Realität.

So berührt dieses Thema durch Irene auch das 8. Ziel: Menschenwürdige Arbeit.

Auch wenn über diesen Begriff ggf. Irritationen entstehen. Denn wenigstens wählte Irene ihre Arbeitsbedingungen selbst. Zum Beispiel ohne Zuhälter und mit der Freiheit, anzunehmen oder abzulehnen. Die könnten eingeschmuggelte „Sexarbeiterinnen” kaum von sich behaupten.

Die Fotografin ist 1953 in Washington/USA geboren. Sie macht Fotos von sich und ihrem Umfeld, ohne Furcht und ohne Berührungsängste. Es gibt keine Tabus in ihren Darstellungen. Teils mit erschreckender Direktheit führt sie uns vor Augen, wie Leben sein kann, wie ein Teil ihres Lebens war. 

Die Fotografin Roswitha Hecke hat weltweit fotografiert und lebt heute wieder in Hamburg. Unter anderem war sie jahrelang in USA unterwegs. Diese Zeit führte zu ihrem Buch Menschen-Orte-Fäuste. Ihre Werke setzen sich mit Randgruppen der Gesellschaft auseinander, ein eigenes Thema für sie war die „Spezies Mann“ und sein Verhalten als „Macho“ bzw ganz korrekt „machismo“ genannt.