Bildung oder Bergwerk?

„Wieso ist es so leicht, Waffen zu geben, aber so schwierig, Bücher zu geben? Wieso ist es so einfach, Panzer zu bauen, aber so schwierig, Schulen zu errichten?“

Malala Yousafzai

Am 10. Oktober 2014 hielt Malala eine Rede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises. Die junge Frau aus Pakistan ist mit 16 Jahren die jüngste Preisträgerin in der Geschichte des Nobelpreises und die mit Abstand jüngste in der Geschichte des Friedensnobelpreises.  Seit 2017 ist Malala Friedensbotschafterin der UN.

Malala redet von heute. Vom 21. Jahrhundert. Nach Schätzungen von Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, arbeiten weltweit  152 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 14 Jahren; und das  oft unter sklaverei-ähnlichen Bedingungen. Die Dunkelziffer ist vermutlich wesentlich höher, denn Schätzungen zum Umfang der Kinderarbeit können sich laut Bericht stark erhöhen, wenn auch unbezahlte Arbeit berücksichtigt wird.

Diese Ausbeutung von Kindern ist dabei besonders in den nicht-industrialisierten Ländern an der Tagesordnung. Versklavte Kinder arbeiten auf Plantagen, in Bordellen, als Bettler*innen und Haushaltssklav*innen.

Bei all diesen erschreckenden Zahlen ist doch eines wichtig: Enorm viel hat sich gebessert, denn laut UNICEF-Bericht waren es im Jahr 2000 noch 246 Millionen arbeitende Kinder.  

Doch weiterhin gibt es sie an viel zu vielen Orten auf der Welt:  Kinder, die keine Chance auf Schule, Bildung und eine aussichtsreiche Zukunft haben.  Denn sie werden aus Not oder aus Gewohnheit zum Arbeiten gezwungen.

So war und ist es auch in Bolivien, wenngleich dort vieles erreicht worden ist seit dem Jahr 1952, als der  Fotograf Bock-Schroeder die Geschichte der Minenarbeiter Boliviens und ihrer Familien dokumentierte und veröffentlichte. Obwohl das bereits 70 Jahre her ist, gilt auch heute:

Kindersterblichkeit und Unterernährung sind hoch, das Gesundheitssystem ist schlecht ausgebaut. Auch wenn Kinderarbeit in den Bergwerken inzwischen illegal ist, arbeiten sie immer noch dort. Es ist dunkel und stickig tief unter der Erde, weit weg vom Tageslicht. Doch die Stollen sind an manchen Stellen so eng, dass nur ein Kind auf allen Vieren hindurchkriechen kann. Und somit gibt es hier mit die jüngsten Sprengmeister der Welt.

So bleibt die hochwertige Bildung auf der Strecke und die nächste Generation arm, um für unseren Schmuck und unsere Smartphones Gold, Kupfer, Silber und andere Bodenschätze abzubauen.

Peter Bock-Schroeder: Silbermine Bolivien, 1952 © Bock-Schroeder-Foundation 

Rineke Dijkstra: Marianna, 2014 © Rineke Dijkstra, Marian Goldman Gallery

Für uns in Deutschland ist es weitestgehend selbstverständlich geworden, dass Kindheit, spielerisches Lernen, Freizeit und Bildung zusammengehören. Gepaart mit dem Schutz, nicht arbeiten zu müssen und in einem Land, das seit Jahrzehnten in Frieden lebt.

Wie hochwertig Bildung sein kann und welche Möglichkeiten sich den Kindern eröffnen, wenn sie im „richtigen“ Land geboren werden, das erleben wir in normalen Zeiten, wenn uns unsere Kinder einladen. Einladen, um mit Stolz vorzuführen, was sie gelernt haben beim Sport, beim Voltigieren, im Theater oder auch im Ballett.

Bildung weit über die normale Schulbildung hinaus. Welche Möglichkeiten unseren Kindern der Alltag damit bietet, zeigt ausdrucksvoll das Foto von Rineke Dijkstra.

Die niederländische Fotografin wurde als junge Frau bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und dokumentierte in Folge ihr Training im Schwimmbad und ihre eigene Verletzbarkeit, als sie mehrere Monate nicht arbeiten konnte. Dieses Erleben prägte ihren Fokus auf die Menschen, die sie mit ihrer Kamera porträtierte. 

Unter anderem  fotografierte sie von 1992 bis 2002 Kinder und Jugendliche in den USA und in Europa in Badekleidung am Strand. Durch diese Beach Portraits erlebte Dijkstra Mitte der 1990er Jahre ihren Durchbruch.

Dijkstra beschreibt ihre Aufnahmen mit den Worten: „Ich warte auf den unbeschützten Moment, die Situation, in welcher jemand seine Pose vergisst und sich die wahre Natur eines Menschen zeigt.“ Mit dem gezeigten Foto gewann sie den Hasselblad-Award 2017.

Peter Bock-Schroeder ist einer der noch wenig bekannten und doch großartigen Fotografen des 20. Jahrhunderts. Er studierte in Berlin und reiste nach seinem Studium im Alter von 18 Jahren als wandernder Geselle durch Europa. In den Niederlanden verliebte er sich in Landschaften. Diese Liebe und ein ganz besonderer Blickwinkel begleiteten sein ganzes Berufsleben. Er reiste zu vielen Ländern dieser Erde und so auch 1952 nach Bolivien. Dort fotografierte Bock-Schroeder das harte Leben der indigenen Minenarbeiter.