Das Wunder der friedlichen Revolution

Ein Ausspruch ist mit dem Mauerbau und der deutschen Teilung dauerhaft verbunden. Er ist ebenso legendär wie dreist. Fast jeder kennt ihn:

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“

So sprach Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 anlässlich einer internationalen Pressekonferenz in Ostberlin zu den Gerüchten, die Führung der DDR plane eine Abschottung gen Westen, um den Freiheitsdrang vieler Menschen und der damit verbundenen Fluchtbewegungen zu begegnen. Kurz darauf, am 13. August 1961, begann der Bau der Berliner Mauer.

Und so zog sich irgendwann eine tödliche Grenze über nahezu 1.400 km quer durch Deutschland. Teilte das Land in Ost und West. In zwei Systeme, in zwei Wirtschaftszonen und in zwei Weltanschauungen.

Vom Westen aus konnte man ganz nahe an die Grenze herangehen. An das Stück Land, das sich wie ein eiserner Vorhang von der Lübecker Bucht bis zum Dreiländereck zog. Und separat davon wurde Berlin-West vom “Osten” getrennt und somit isoliert. Diese Grenzen, Folgen einer neuen Machtverteilung nach dem 2. Weltkrieg, existierten bis 1989.

Ein permanenter Wille, diese beiden geteilten Länder zu vereinen, starke Institutionen und zuverlässige Verbündete machten es möglich. Stück für Stück wurde diese Grenze poröser, durchlässiger, bis sie als unhaltbar aufgegeben wurde.

Will McBride: Kinder spielen an der Mauer, Berlin, 1961 © Will McBride

Daniel Biskup: Berlin, 09.11.1989 © Daniel Biskup

Kein Bericht kann die Freude der Menschen so sehr wiedergeben, wie die Fotos aus dieser Zeit der Grenzöffnung.

Der Fall der DDR ist eines der bedeutsamsten Beispiele, welche Macht Menschen auf der Straße entwickeln können. Der Mut von Einzelnen und die Kraft der Masse – unterstützt durch die Kraft der Bilder – kann außerordentliches erreichen. Der Freiheitsdrang der Menschen in der DDR war größer als die Angst vor weiteren staatlichen Repressalien und ihre Leistung für die Überwindung der Teilung Europas kann deswegen nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Will McBride war ein US-amerikanischer Fotograf, der seinen Militärdienst in den 50er Jahren in Deutschland verbrachte und nach dem Studium der Philologie in Berlin in Deutschland blieb. Als Bildreporter arbeitete er unter anderem für Magazine wie Quick, Geo, Stern, Live und Playboy. Für seine fotografischen Leistungen rund um sein “stilbildendes Lebenswerk “wurde er 2004 mit dem Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) ausgezeichnet.

Der geborene Bonner kam im Alter von 18 Jahren nach Augsburg, machte dort Abitur und studierte Geschichte, Politik und Volksunde. Die Kamera war bei Reisen in die Sowjetunion 1988 sein stetiger Begleiter und den Niedergang der DDR dokumentierte er vom Mauerfall bis zur Wiedervereinigung, um dann Zeuge der nächsten Umbrüche in der UdSSR und Jugoslawien zu werden. Das Magazin Der Spiegel bezeichnete ihn als das „Auge der Revolution“. In den letzten Jahren portraitierte er Prominente und Politiker wie Bill Gates,  Donald Trump, Vladimir Putin oder Michael Gorbatschow. Seine fotografischen Werke sind Bestandteil der Sammlungen des Russischen Museums in Sankt Petersburg, im Deutschen Historischen Museum in Berlin und dem Haus der Geschichte in Bonn.